Saturday 3 October 2015

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte - Zeitleisten unter Linux

Dies ist ein Gastbeitrag von Gerd M. Hofmann (weitere Informationen ganz unten):

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte - Zeitleisten unter Linux
von Gerd M. Hofmann


Gemäß dieser Theorie war ich auf der Suche nach einem Programm, um zeitliche Ereignisse zu visualisieren. Timelines oder Zeitleisten heißen solche Grafiken...

Als langjähriger Mac-Anwender fand ich schnell eine Software namens TimeLine 3D [https://www.beedocs.com/timeline3D/mac/]. Die sah zwar wie die meisten OS X-Applikationen sehr gut aus, war aber arg starr bei ihrer grafischen Ausgabe. So ließ sich die automatische Anordnung der Ereignisse nicht beeinflussen. Fazit: Teuer und für mich unbrauchbar.

Parallel dazu habe ich mich seit einem Jahr auch mit Linux beschäftigt und einen etwas älteren PC vor dem Recyclinghof gerettet, in dem ich ihn mit Ubuntu 14.04 ausgestattet habe. Das läuft seither ohne Probleme und ich lernte als Linux-Novize die Hilfsbereitschaft der Community schnell kennen und schätzen...

Der Ubuntu-Store und die Paketverwaltung Synaptic lieferten auf der Suche nach "Timeline" keine Treffer, dafür stieß ich im Netz auf die Seiten des gleichnamigen OpenSource-Projektes [http://thetimelineproj.sourceforge.net]. Die Version 1.60 war schnell geladen, entpackt und das Python-Programm via Rechtsklick gestartet.

Die Oberfläche wird von einer horizontalen Zeitachse dominiert, die Menüs sind teilweise aus dem englischen Original ins Deutsche übersetzt. Die integrierte Onlinehilfe ist derzeit noch nicht lokalisiert.
Ich habe mir parallel zu meiner Linux-Variante auch die Windows-Version mit WINE auf dem Mac installiert, hier ist die Hilfe komplett in Deutsch.
Deutsche Onlinehilfe in der Windows-Version
Da ich weder in den deutschen noch in den englischen Texten eine Beschreibung fand, wie man eine individuelle Zeitachse definiert, stand ich schnell auf dem Schlauch. Eine Anfrage deswegen in der Mailingliste des Timeline-Projektes brachte leider nur 3 wertlose E-Mails des Programmierers, dass "wer die Software installieren, sie auch bedienen kann". Naja...
Mitgelieferte Beispieldatei
Durch stetiges Rumprobieren meisterte ich auch diese Einstiegshürde und kam dahinter, dass Timeline eine fixe Zeitachse von 4714 vor Christus bis mindestens ins 99. Jahrhundert vorgibt.
Ich erstellte mir zunächst eine zeitliche Übersicht von bekannten Komponisten, die eine befreundete Lehrerin für ihre Schüler benötigte. Timeline generiert nach Eingabe eines Anfangs- und Ende-Datums sowie eines Namens ein Ereignis und platziert dieses im unteren Bereich der Zeitachse. Mit Doppelklick auf ein Ereignis kann dieses jederzeit editiert werden.
Der erste Versuch: Übersicht bekannter Komponisten
Stichwort Oberfläche: Man kann mehrere Ären (Ära = Zeitalter) definieren, die für unterschiedliche Hintergründe bestimmter Zeitbereiche sorgen, ich habe das bei den Komponisten für jedes Jahrhundert angelegt.

Nochmal zurück zu den Ereignissen, denen man im Editor mehrere Zugaben bescheren kann: Die Beschreibung ist ein Zusatztext, den man per Maus temporär oder permanent anzeigen kann. Zusätzlich lässt sich ein Bild einbinden.
Ein Alarm mit Datum, Uhrzeit und Benachrichtigung kann ebenso wie eine URL integriert werden. Und für laufende Projekte lassen sich optische Fortschrittsbalken einblenden.
Der Ereignis-Editor und verschiedene Ereignis-Attribute
Um die Ereignisbalken zur besseren Unterscheidung einzufärben, vergibt man im Editor optional Kategorien, die einen Namen und eine definierbare Farbe bekommen. Für meinen Kinoblog [heilbronnerkinos.wordpress.com] habe ich eine Auflistung der Filmtheater meiner Heimatstadt gebastelt. Hier kann man auch sehen, wie Timeline mit einmaligen Ereignissen (also jenem mit nur einem Datum) verfährt: diese werden oberhalb der Zeitachse platziert.
Es ist zudem möglich, im Editor mehrere Ereignisse in einem sogenannten Behälter zu gruppieren, diese Möglichkeit nutze ich derzeit noch nicht.
Zeitliche Übersicht der Kinos in Heilbronn
Timeline kann auf Wunsch die Zeitleisten komprimieren: Dabei werden zeitlich nacheinander ablaufende Ereignisse automatisch nebeneinander gestellt, um Platz zu sparen. In meinem Komponistendiagramm ist das beispielsweise bei den Herren Haydn und Verdi der Fall.

Als großes Plus empfinde ich die Möglichkeit, jedes Ereignis nachträglich vertikal umsetzen zu könnnen, in dem man es anklickt und mit den Cursortasten zeilenweise nach oben oder unten verschiebt. So konnte ich in meiner Kinozeitleiste alle Kinos in einem Gebäude manuell zusammenführen...

Hat man seine Ereignisse eingegeben, gilt es die Darstellung auf dem Bildschirm zu optimieren. Das geht bequem mit der Maus:

  • Mit gedrückter Maustaste oder dem Mausrad verschiebt man die Szenerie horizontal
  • Mit gedrückter Shift-Taste hingegen vertikal
  • Hält man die CTRL-Taste gedrückt, zoomt man in der Darstellung rein oder raus
  • Die ALT-Taste schließlich macht die Ereignisbalken nebst Schrift kleiner oder größer.

Eine Druckfunktion sucht man übrigens vergebens (ich habe mich anfangs mit der Screenshotfunktion von Ubuntu beholfen), dafür steht der Export in verschiedenen Formaten (Pixelbild, SVG...) und Modi zur Verfügung.

Datenverlustsollte es mit Timeline keinen geben, das Programm sichert alle Änderungen und Neueingaben automatisch. Neue Zeitleisten sollte man daher mit der Funktion "Speichern unter" anlegen. Die Software generiert übrigens lupenreine Textdateien im XML-Format, diese können auch mit einem Texteditor modifiziert werden.
Quelltext der Komponisten-Timeline
Während ich diesen Artikel fertigstelle, ist die Version 1.7erschienen, die nochmal kräftig aufgemetert wurde:

  • Ereignisse können nun mehrere Hyperlinks enthalten, außerdem werden diese durch ein Icon angezeigt.
  • Texte in Ereignisbalken werden nun optional zentriert dargestellt.
  • Die Schriftarten und -größen können nun frei gewählt werden.
  • Die Option „Zeitleisten komprimieren“ hat nun eine Undo-Funktion, da sie die Positionen der Ereignisse radikal verändert.
  • Die senkrechte Linie, die einmalige Ereignisse mit der X-Achse verbindet, kann nun wahlweise links oder zentriert am Balken kleben.
  • Die Reihenfolge der Werkzeuge im Ereignis-Editor kann nun verändert werden.
  • Einige Funktionen habe ich noch nicht erforscht, aber ich setze auf die Experimentierfreude der Linux-Anwender ;-)

Mein persönliches Fazit: Mit Timelinesteht ein brauchbares Stück kostenloser Software für Linux und Windows zur Verfügung. Die Bedienung ist nicht auf den ersten [B/Kl]ickintuitiv, aber die Ergebnisse können sich sehen lassen. Wünschenswert ist eine komplette Lokalisierung der Applikation und ihrer Onlinehilfe.
Das Programm wird stetig weiter entwickelt, so ist für den Oktober 2015 die Version 1.8 angekündigt.




Gerd M. Hofmannist freier Journalist für Print & Online. Er ist über seinen Blog erreichbar https://timelinedeutsch.wordpress.com/

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